Wandern um den Vulkanberg Mbapit
Dass wir nicht mehr weit vom Vulkanberg Mbapit entfernt sein konnten, verriet uns der Boden, der auf einmal nicht mehr rostrot, sondern schwarz im Sonnenlicht schimmerte. Trotz seiner Anhöhe von 2000 Metern fällt einem dieser Berg sonst nämlich nicht von Weitem ins Auge, zu hoch ist man ohnehin schon, wenn man in Westkamerun unterwegs ist. Der Grund warum Mbapit dennoch einige Bewunderer anzieht, ist schnell in jedem der zwei Kamerun-Reiseführer gefunden: Ein klarer Vulkansee umgeben von sich hoch auftürmenden, welligen Bergketten. Auch unsere kleine deutsche Gruppe, die am Fuße des Berges noch von zwei Franzosen und zwei Guides ergänzt wurde, hatte heute nur den Krater als Ziel.


Die Anreise und Vorbereitungen
Wenn man wie ich kein passionierter Frühaufsteher ist, muss man damit leben, dass man die Wanderung ohne Frühstück im Magen beginnen wird, was ohnehin vorteilhaft für ein schnelles Voranschreiten ist. Wie schon im letzten Blogeintrag zu lesen, zeigt sich der für Westkamerun zuständige Wettergott (ein mies gelaunter Beamter kurz vor der Pension, der gegen seinen Willen hierher versetzt wurde), regelmäßig in einem nebulösen und feuchten Gewand. Der Vorteil bei Beamten: Sie erscheinen oft spät auf Arbeit und so genossen wir die volle Dosis Sonnenschein bis zur Mittagsstunde, als wir schon wieder auf dem Rückweg sein sollten.


Bevor man die über 300 Stufen hinauf zum Krater steigt, führt einen der nicht ausgeschilderte, aber dennoch gut zertrampelte Weg durch saftig grünes Grasland, in dem das aufmerksame Auge hier und dort vor allem weiter entfernt vom Pfad an den Ästen baumelnde Guaven findet. Irgendwie habe ich mir diese deutlich größer vorgestellt, da sie auf Multivitaminsaftpackungen immer so großgezogen werden, dass ich sie in eine Kategorie mit Orangen und Äpfeln packte.



Der Aufstieg
Der Aufstieg bis hierhin war leicht und unbeschwerlich und schließlich erreichten wir nach einer knappen Stunde die Treppen, die sich wie ein Eingang zu einer anderen Welt aufbauten. Oben angekommen breitete sich der Krater im vollen Umfang aus: Während man selbst auf der hohen kreisförmigen Kraterkette steht, muss der Blick fast hundert Meter nach unten fallen, um auf das ruhige Blau des heiligen Gewässers zu treffen. Das verbindende Element war der kluftige Fels, auf dem gegen die Gesetze jeder menschlichen Logik Bäume ihre Wurzeln geschlagen hatten. Genauso unmöglich erschienen die Spuren von den Rindern, die es sich hier manchmal zum Grasen heimelig machen. Wenn selbst diese dicken Wiederkäuer den steilen Abhängen trotzen, so dachten sich wahrscheinlich die Anwohner, dann schaffen wir es erst recht und siehe da: Zu bestimmten Ritualen wird das stille Gewässer zum Baden benutzt.

Bei all dieser Anmut, auf welche Idee kommt da wohl eine Gruppe überwiegend junger Männer, angeführt von unseren zwei Guides? Ein Weitwurfwettbewerb! Unverzichtbar der zukünftige Respekt der Artgenossen sollte man es tatsächlich geschafft haben, einen Stein ins entfernte Wasser zu werfen. Selbiges gelang uns nach vielen klaglosen Versuchen nur von einer besonders hervorlugenden Stelle (Cheating).


War alles Testosteron im See versunken, konnte die Wanderung fortgesetzt werden. Wer dachte, mit dem Erklimmen der Stufen den Großteil an Höhenmetern bereits überwunden zu haben, sah sich nun getäuscht: Die alte Ebene war von dem Vorgänger des Wetterbeamtengottes, ein damals unübertroffener Choleriker, so übel zugerichtet worden, dass sie sich noch immer noch nicht von ihren Schwellungen erholt hat. Ganz zur Freude des menschlichen Auges, welches in dieser Hügellandschaft hervorragende Fotomotive findet. Es ging also noch mal einen der Hügel hinauf. Von hier, dem höchsten Punkt, sah man, dass die gesamte Catena so gut wie baumlos war – außer an den besagten Steilklippen…die spinnen die Bäume!


Hätte ich allein den Zugang zum Berg aufgrund der nicht vorhandenen Ausschilderung niemals gefunden, so war er jetzt naturbedingt gegeben: Man musste nur immer auf des Messers Schneide tänzeln und schon ist man einen Kreis um den Krater gelaufen. Auf dem steilen Rückweg, der diesmal nicht über die Treppen, sondern querfeldein erfolgte, machten wir es ganz einfach Michael Jackson nach und schweiften im kontrollierten Moon Walk den Berg hinunter.

Gerade hatten wir die Motos, die uns wieder zur Hauptstraße bringen sollten, erreicht, da zog sich eine dunkle Wolkenwand, die sich nur wenige Minuten später über den Dächern, die wir gerade rechtzeitig als Unterschlupf fanden, ergießen sollten. Der Beamte ist also in seinem Büro angekommen. Doch ihm ging schnell die reichlich verfeuerte Energie aus. Auch verwandelte sich die schwarze Erde nicht wie die Terra Roxa in eine in sich gefallene, matschige Kleckerburg, sondern hielt weiterhin unserer Last stand. Auf unserem Weg nach Foumbout sah ich trotz des vorhin plötzlich hereingebrochenenen Regens keine einzige Person, die sich von dem Regen überrascht ließ: Alle blieben trocken.


Die Métché Wasserfälle
In Bafoussam, wo wir eine Stunde später ankommen sollten, schien dann wieder die Sonne und wir entschieden uns so noch einen kleinen Ausflug zu den Métché Wasserfällen zu unternehmen. Dafür stellt man sich ganz einfach an den Straßenrand und gibt den aufmerksamen Motomännern, die zum Schutz vor Unfällen immer dicke Wintermützen tragen, ein Handzeichen, woraufhin diese anhalten und mit wenigen Worten der Ort angegeben und der Preis verhandelt wird. Während ich in Yaoundé des chaotischen Verkehrs wegen nur in ganz wenigen Situationen das Moto nehmen würde, sieht die Situation in kleineren Städten und vor allem auf dem Land ganz anders aus: Hier ist es oft das einzige realistische Fortbewegungsmittel.
Der kühle Fahrtwind brauste uns ins Gesicht und riss mir fast die Kappe fort. An den Wasserfällen, die unser nette Motomann natürlich kannte, fuhr er dennoch erst einmal schnurstracks vorbei, waren diese doch so schlecht ausgeschildert. Die Wasserfälle erregten dann schon mehr Aufsehen: Gerade zu dieser Jahreszeit rissen sie eine ganze Menge Wasser mit sich, welches sich in 40 Metern Tiefe schäumend ergoss. Wir spürten noch die kühle Gischt auf unseren Gesichtern und bestaunten die Menschen, die fein gekleidet und mit allerlei Spirituosen die Treppen runter zum Becken des Wasserfalls stiegen.

Meine Aufenthaltszeit im Land der geschäftstreibenden Bamiléké war zu kurz, um all die Orte zu besichtigen, die eigentlich auf meiner Liste standen, darunter Foumban, Batoufam und Bandjoun, dessen Chefferie wir geschlossen vorfanden. In Foumban soll es herrliche Pferdezeremonien und alle zwei Jahre ein riesiges Kulturfestival geben. Batoufam und Bandjoun hingegen sind für ihre Chefferien, also die Machtzentren der örtlichen Könige bekannt. Diese Chefferien sind stets imposant gebaut: symmetrisch aneinander gereihte Wohnhäuser mit pyramidenförmigen Dächern, ein architektonisches Überbleibsel der Herkunft der Bamiléké aus Ägypten. Das Königshaus ist dabei zentral und am herausragendsten gebaut. Auf die Bamiléké lohnt es sich noch einmal genauer in einem anderen Blogeintrag einzugehen, scheint ihre reiche Kultur doch beispielhaft für einen Spagat zwischen gelebter Tradition und Adaption an die sich schnell ändernde Welt.
Leider muss in Bafoussam die Reise in Richtung Westen enden. Die nur 80 Kilometer entfernte Universitätsstadt Bamenda befindet sich inmitten eines schrecklichen Bürgerkrieges, der den gesamten Nordwesten und etwas weniger extrem den Südwesten in Schrecken hält und sicherlich international mehr Beachtung verdient hätte. Dass Bafoussam trotz geringer Distanz zu Bamenda dennoch ohne Probleme zu bereisen ist, liegt mitunter auch an den vielen Straßenkontrollen, die einem auf dem Weg begegnen, durch die jedoch auch mancher Taxifahrer durchrast, begleitet von einer abwertenden Bewegung und dem Kommentar „Holt euch euer Geld woanders“. Ein Strafgeld wegen Überladung wäre tatsächlich gar nicht abwegig gewesen: Wir saßen wie üblich zu siebt im Taxi, zwei Personen teilten sich den Beifahrersitz, vier bequemten sich auf die Rückbank. Dabei ging es noch recht bequem zu, denn nicht selten teilt sich auch der Fahrer noch seinen Platz mit einem weiteren Passagier.


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