Frankreich

Auf dem Esel durch Peru

Noch nie in meinem Leben habe ich so königlich geschlemmt. Mit dem vom Flughafenpersonal ausgehändigten Essensgutschein im Wert von 4,50€ lassen sich im Terminal mehrere ganze Mahlzeiten zu sich nehmen. So kommt es, dass ich also hier auf dem Flughafenboden mit einem deftigen Schweinebraten auf dem Schoß, die Bratensoße und Sättigungsbeilagen neben mir ausgebreitet, sitze. Den ersten Gang, eine deftige Knoblauchsuppe samt Begrüßungscocktail habe ich schon in meinen gierigen Hals geschlungen. Das Vanilleeis, umgeben von warmen Himbeeren und Kokosraspeln wartet nur noch darauf, von meinem persönlichen Kellner und Fünf-Sternekoch serviert zu werden. Ohne zu fragen wird mir mit einer Serviette die von der Sauce bekleckerte Wange gesäubert. Total gesättigt und mit frischem Atem steige ich in mein Flugzeug. Grund für die erwähnten Essenscoupons ist eine Flugverspätung von drei Stunden.

Von der einen Hauptstadt fliege ich in eine andere. Die Wolken hängen hier tief und die Dächer sind allesamt pittoresk mit Schnee zugedeckt. Der heftige Schneesturm gestern Nacht soll auch der Grund für die Flugverspätung sein, jedenfalls ist mein eigentlich großzügig geplanter Zeitrahmen jetzt sehr eng und ich muss mich beeilen noch meinen Zug zu bekommen. Ich stehe noch an der Gepäckabgabe als zuerst mein geöffneter Rucksack ankommt, nur um kurz danach von meiner Waschtasche gefolgt zu werden. Feierliche Fanfare und Flokatischnipsel in meinem Kopf unterstützen diese Szene atmosphärisch – genau das hatte ich jetzt noch gebraucht!

Mit dem Zug fahre ich in die Innenstadt zum Hauptbahnhof. Ich habe netterweise noch in Deutschland alte Fahrkarten bekommen, damit ich mir hier keine neuen kaufen muss. Des Sieges sicher schiebe ich die Fahrkarte in den dafür vorgesehenen Schlitz samt sich danach öffnender Barrikade. Das Ticket kommt wieder raus, ein großes, rotes Kreuz erscheint und die Barrikade bleibt zu. Reaktionsschnell und elegant quetsche ich mich mit meinem Rucksack hinter einem weiteren Fahrgast, der die richtige Fahrkarte hat, hindurch. Ich komme unversehrt davon, doch mein Rucksack wird von den sich wieder schließenden Barrikaden ganz schön in die Mangel genommen.

Jetzt endlich sitze ich in meinem Zug. Zwar habe ich nicht den richtigen Waggon gefunden, aber ich bin im Zug, was soll da schon schiefgehen? Als ich den Schaffner über meine falsche Sitzposition informiere sagt der mir aber, dass ich im falschen Zug sei. Kein Grund zur Sorge aber, denn noch fahren die beiden Züge – der Falsche und der Richtige aneinandergekoppelt in den Norden. Doch ich muss an der nächsten Station aussteigen und in den richtigen Teil des Zuges rennen, da dieser sich von dem Abteil, in dem ich gerade sitze, abtrennen wird. Der Boden ist hier, weiter im Norden des Landes zum Glück nicht verschneit und so rutsche ich auch ohne meine Wanderschuhe nicht weg.

Der Zug, mit dem ich an meinem Ziel ankommen soll, verspätet sich selbstverständlich auch. Trotzdem bin ich als ich auf dem Bahnhof stehe und das erste Mal mehr keinen Fahrplananweisungen mehr folgen muss, guter Dinge. Ich trödele noch im Dunkeln durch den Ort, setze mich in einen Imbiss und esse Spaghetti alla Carbonara. Auch hier muss ich nichts bezahlen, schließlich habe ich noch einen Verpflegungsgutschein aus dem Flughafen übrig. Langsam begebe ich mich Richtung Unterkunft, laufe am Kanal entlang, passiere kurz die Altstadt und überquere dabei den einen oder anderen Hügel – bis ich endlich in meiner Unterkunft ankomme. Von Tür zu Tür habe ich nun 14 Stunden gebraucht. Ich falle erleichtert in mein Bett. In Guinea-Bissau gehen die Lichter aus und ich schlafe ein.

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Allerdings im französischen Boulogne Sur Mer.

 

Wohinnoch? ist ein Reiseblog, in dem wir mit ausgiebig Zeit die weniger beachteten Orte dieser Welt besuchen.

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