Käpt´n Flatterzunge
Frech grinsen mich meine Schüler an. „¡Di ferrocarril!“. Das Grinsen wird größer. Ich gebe mein bestes, versuche das Wort auszusprechen, versage natürlich dabei. Herzliches Gelächter.
Mein Problem ist eins, mit dem ich hier glücklicherweise nicht allein bin. Ich kann das R nicht mit der Zunge rollen, was meinen deutschen Akzent nur noch stärker werden lässt. Und als ob das nicht schon schlimm genug wäre, bietet das Spanische zwei Möglichkeiten, wie das R klingen kann und somit zwei Möglichkeiten, mich zu demütigen. Die eine ist das doppelte R, die andere das einfache R mitten im Wort oder an dessen Ende. Mittlerweile kenne ich wahrscheinlich alle Tutorials auf YouTube zu diesem Thema, noch klappt es aber einfach nicht. Sehr zur Freude meiner Schüler.
Naja was soll´s, mich Trösten zwei Sachen darüber hinweg. Erstens bleiben mir noch fast zehn Monate und zweitens bekomme ich wenigstens keine Halsschmerzen, wenn ich versuche, Spanisch zu sprechen. Mir haben nämlich mehrere Mexikaner erzählt, dass die Versuche, die harten deutschen k-Laute auszusprechen, nach einiger Zeit Halsschmerzen bei ihnen hervorrufen, da sie es schlichtweg nicht gewohnt sind, ihre Kehlgegend zur Sprachbildung zu nutzen.
Ansonsten denke ich, dass es mit meinem Spanisch ganz ok vorrangeht. Zwar verstehe ich bei weitem noch nicht alles, aber doch schon deutlich mehr, als vor zwei Monaten. Vor zwei Wochen im Kino habe ich einen mexikanischen Film ohne Untertitel gesehen und zumindest alle Zusammenhänge und Gesprächsthemen verstanden. Dass gelegentlich der ganze Saal lachte, ausgenommen meiner Wenigkeit, war ein klein wenig unangenehm, aber zu verkraften.
Ich spreche hier auch mehr Englisch, als ich erwartet hätte und muss sagen, dass mein Englisch schon echt nicht besonders gut ist. Es reicht aber, um sich ordentlich unterhalten zu können und hapert auch eher am Sprechen als am Verständnis. Warum ich hier überhaupt Englisch spreche, ist ziemlich schnell erklärt. In der Loyola, meiner Schule, helfe ich jeden Mittwoch in meiner Lieblingsklasse, die 3. Klasse ist voller so lieber Kinder, am Vormittag im Englischunterricht. Die Lehrerin ist eigentlich Mexikanerin, spricht aber lustigerweise mit einem US-amerikanischem Akzent Spanisch, obwohl Spanisch ihre Muttersprache ist. Grund dafür ist ihre Ehe mit einem US-amerikanischem Konsul, dessen Muttersprache ebenfalls Spanisch ist, aber spanisches Spanisch, weshalb zuhause nur Englisch gesprochen wird. Dementsprechend spreche ich mit ihr quasi nur Englisch. Außerdem gibt es an der Schule eine australische Englischlehrerin, die nur Englisch spricht und somit es nur eine Sprache gibt, mit deren Hilfe wir uns unterhalten können.
Über das Thema Englisch möchte ich nochmal auf das Thema Schlaf hinleiten. Das folgende Bild entstand letzte Woche Mittwoch um 7:45 Uhr im Englischunterricht der 3.Klasse. Die Schüler sollten beschreiben, wie sie sich fühlten. Ich denke, weitere Ausführungen sind nicht notwendig, das Ergebnis spricht für sich.
So, der Dreifaltigkeit wegen kommt zum Schluss noch ein deutsches Element, das allerdings eher kulturell als sprachlich ist. Auf Wunsch meiner Gastfamilie habe ich mal etwas Typisches aus meiner fernen Heimat gekocht und es ist wirklich sehr gut angekommen. Die Bouletten, mit Kartoffelbrei und Möhrchen schmeckten meiner Familie so gut, dass ich sie anlässlich ihres Hochzeitstages erneut kochen soll, was mich natürlich total gefreut hat. Als Nachtisch wurde dann etwas vom Marzipan serviert, was ich aus Deutschland mitgebracht hatte.
Diese Woche ist es hier echt kalt geworden. Winterliche 24°C zwingen die Einheimischen, ihre Pullover anzuziehen und über Kälte zu jammern. Und ich Idiot habe all meine Wintersachen in Deutschland gelassen! Mit einem Zwinkern sende ich damit meine Grüße hinaus in die Welt, ins tropische Deutschland und immer ganz besonders in die Hauptstadt sowie nach Falkensee!

