Libanon

Römische Tempel in Baalbeck und Strandparadies Tyros

Noch nie haben mich römische Tempelanlagen so fasziniert wie hier in Baalbeck. Heute nehme ich euch mit auf unseren Tagestrip in den Nordosten Libanons, wo wir die größten Steine der Welt bewundern werden. Danach geht es zur Entspannung wieder ans Meer nach Tyros.

Die Anfahrt von Zahlé nach Baalbeck

Vor der Reise nach Baalbeck wird gewarnt. Wie eigentlich immer, wenn das Ziel in alten Reiseführern als besonders sehenswert angepriesen wird. In diesem Fall geht es um eine römische Tempelanlage und um den größten Baustein der Welt. Wer Asterix gelesen hat, kann einerseits verstehen, warum hier eine Reisewarnung besteht (denn „die spinnen die Römer“) und wiederum auch, weshalb wir nicht anders konnten, als Baalbeck zu besuchen.

Mit George im Taxi nach Baalbeck.

Baalbeck erreichten wir von Zahlé aus per Taxi. Taxifahrten lässt man am besten von dem Gastgeber oder einem netten Kellner aushandeln. Standhaft muss man in jedem Fall sein, denn es ist üblich, dass noch während der Fahrt nachverhandelt wird. Nachdem all das geklärt war, wurden wir wie Schulkinder direkt am Eingang der historischen Stätte abgesetzt und mussten nicht einmal viel von unserem Taschengeld für die Tickets opfern. Der geringe Eintrittspreis war auch der Grund, weshalb unsere Erwartungen nicht sonderlich hoch waren. Vielleicht, so sagten wir uns, gibt es einen viel zu marktschreierisch angepriesenen Tempel, der in Wahrheit einfach nur nett ist und wenn’s hochkommt noch Tee am Souvenirshop. Doch es kam ganz anders. Viel besser sogar. Wie immer, wenn die Erwartungen niedrig sind.

Die römischen Tempelanlagen in Baalbeck

Der Vorhof

Wir betraten das Gelände durch ein prächtiges, weiß glänzendes Eingangstor. Uns umgaben im Gras liegende Säulen, die einst von jahrhundertealten Erdbeben gestürzt wurden. Heute strahlten diese spiegelglatten Findlinge noch im Liegen die Dominanz römischer Baukunst aus. Mit anderen Worten: Wenn uns schon der Bauschutt beeindruckte, wie sollten wir dann erst beim Betreten des Hauptplatzes reagieren?

Der Altarhof

Überwältigend. Die alten römischen Tempelanlagen zu erkunden, während die warme Luft vom arabischen Gesang des Muezzin schwingt, hat bei mir einen tiefen Eindruck hinterlassen. Erst waren es die zweitausend Jahre alten Steinsäulen, die wie die Beine eines Kolosses in den Himmel emporragen, von wo aus Engel, wilde Löwen und furchtbare Greifvögel den Platz mit seinen Altären, Thronen, Theatern und Tribünen überwachen. Dann kletterte ich einen warmen Mauervorsprung hinauf und sah am Horizont die verschneiten Berge. Wahnsinn.

Der zerstörte Jupitertempel

Die mächtigen Stufen hinaufgelangt war es schließlich die Säulenfassade des einstigen Jupitertempels, die uns komplett einnahm. Wie ihr wisst, war Jupiter der Zeus der römischen Welt, daher war man beim Bau auch nicht knauserig gewesen. Denn ohne uns dessen in dem Moment bewusst zu sein, standen wir hier vor den größten verbauten Steinen der antiken Welt, die einzeln bis zu 800 Tonnen wiegen. Dass das Gesamtgebäude nicht mehr erhalten ist, war vielleicht ganz gut für meinen Kreislauf.

Der „kleine“ Bacchustempel

Von hier aus schaut man auf den golden schimmernden Bacchustempel, der bis auf das Dach erhalten ist. Anhand dieses antiken Cabrios kann man noch mal gut die Ausmaße des einstigen Jupitertempels abschätzen, denn der Bacchustempel war mit seinen 42 Säulen wohlgemerkt der Kleinere der beiden! Betreten tut man ihn dann durch ein wunderschön verziertes Tor. Selbst Wilhelm II war hier, das sahen unsere geschulten Historikeraugen an dem riesigen Eintracht Frankfurt-Adler.

Ich glaube, mittlerweile ist klar, dass ich schwer beeindruckt war. Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass diese Gebäude teils größer und beeindruckender waren als das, was ich in Rom gesehen habe. Und dabei hatten wir das ganze Gelände fast für uns allein und konnten es, wie auch schon in Byblos und Batroun, spielerisch erkunden. Zum Abschluss gab es am Souvenirshop eine antike Münze für 1$ (Echtheit-Garantie) und eine Tasse Tee. Ein gelungener Ausritt.

Die schwersten Steine der Welt: Der der schwangeren Frau und der Vergessene

Wenige Straßen weiter ging es dann zum fünftschwersten jemals zutage gebrachten Stein der Welt: „Der Stein der schwangeren Frau“. Legenden besagen, dass die Berührung des Monolithen reicht, um schwanger zu werden. Die Geschichte dahinter finde ich fast witziger: Der Ursprung liegt angeblich bei einer schwangeren Frau, die meinte, sie könne den Stein bewegen, wenn man ihr bis zur Geburt reichlich Nahrung gebe. Der Stein wurde letztendlich niemals bewegt. Pläne, den tausend Tonnen schweren Dickbatz auf Holzstämmen durch die Stadt zu rollen wurden, so muss man fast schon sagen, zum Glück nicht realisiert. Mal angenommen, es gäbe so starkes Holz, dass dem Stein als Fortbewegungsmittel dienen könnte, stellt euch einmal vor, der Stein käme ins Rollen. Wer könnte ihn aufhalten?

Doch wir alle fragen uns jetzt natürlich: Wo liegt der schwerste Stein der Welt? Meine Recherche im Nachhinein war unfassbar ernüchternd. Der größte Stein der Welt war der Fußboden, auf dem ich stand, als ich den fünftschwersten Stein der Welt bewunderte. Und ich wusste es nicht. Wahrscheinlich war es diese Unauffälligkeit, wegen derer er als „Vergessener Stein“ bezeichnet wird. Schließlich wurde er erst vor zehn Jahren vom deutschen archäologischen Institut entdeckt.

Allein die antiken Wunder Baalbecks waren so beeindruckend, ich bereue es mittlerweile dort nicht eine Nacht übernachtet zu haben. Die bunten Moscheen, an denen wir vorbeifuhren, sahen nicht weniger interessant aus.

Tyros: Strandparadies und noch mehr römische Tempel

Der Strand

Nach einer weiteren Nacht in unserer Muffelbude in Zahlé ging es für uns dann jedoch in drei Fahrtstunden nach Tyros. Unser Taxifahrer war mal wieder „not amused“ und befürchtete, wir würden in an Israel ausliefern, doch eine kleine Gehaltserhöhung nach großem Tohuwabohu genügte, um die Gemüter zu beruhigen.

Anders als Baalbeck liegt Tyros am südlibanesischen Mittelmeer und gilt als das Strandparadies Libanons. Auf Sommerfotos sieht man abertausende von Menschen auf Handtüchern liegen. Anfang März, trotz Sonnenschein, kann man einen Quadratkilometer Strand allein für sich beanspruchen. Das Wasser ist dafür jedoch noch recht kalt.

Der alte Souk

Die Stadt ist ähnlich aufgebaut wie die anderen Mittelmeerstädte Libanons: Ein alter, labyrinthartiger Souk, durch den keine Autos, sondern maximal Motorräder passen, angrenzende Touristenunterkünfte mit pastellfarbenen Hauswänden und altermümliche Monumente sind die Hinterlassenschaften einer der ältesten bewohnten Städte der Welt. Eine neuere Metropole hängt, wie immer, mit im „Schlepptau“.

Einzig fanden wir den alten Markt etwas belebter und weniger auf Touristen ausgerichtet. Beim abendlichen Spaziergang durch die Gassen sehen wir im Eis gekühlte Fische, rote Lenden beim Metzger, gewürzt mit feinem, süßlich duftendem Zedernstaub aus der angrenzenden Holzwerkstatt. Ich bewunderte, wie stolz sich alte Menschen mit einem schönen Hut, stilvollem Mantel und Zigarette durch die Straßen bewegten, ohne den Drang zu verspüren, sich in Beigefarben verstecken zu müssen. Manchmal, wie auf dem Bild unten, sah ich sie jedoch auch alleine am Hafen sitzen, tief in Gedanken versunken.

Die römischen Tempelanlagen

Natürlich gibt es hier auch wieder einiges an römischen Überresten zu bestaunen. Das weitläufige Hippodrom und die Agora sind wahrlich beeindruckend,… wenn man nicht gerade aus Baalbeck angereist kommt. Hier würde ich für die Interessierten einfach mal auf den Wikipediaartikel verweisen. Ein Tyros-Begeisterter hat dort einen Aufsatz so lange wie der Artikel zum Ersten Weltkrieg verfasst.

Ach so! Das war’s diesmal auch schon! Einen letzten Eintrag zu Tripoli könnt ihr noch erwarten, dann ist die Reise auserzählt. Vielleicht kommt dann noch mal eine Zusammenfassung, ein Best-Of, ein einmonatiges Jubiläum, ein Live-Mitschnitt und schließlich der Abschied, gefolgt von überragendem Comback und derselben Prozedur in Dauerschleife. Ihr kennt’s doch!

Bis nächste Woche.

Wohinnoch? ist ein Reiseblog, in dem wir mit ausgiebig Zeit die weniger beachteten Orte dieser Welt besuchen.

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