Die mediterranen Reiseziele im Libanon: Byblos und Batroun
Libanon im Februar kann ganz schön kalt sein, muss es aber nicht. Wie in fast keinem anderen Land liegt die Wahl zwischen einer Skifahrt im Schneeparadies und einem Strandurlaub an der mediterranen Küste nur 30 Minuten Autofahrt voneinander entfernt. In diesem Blogeintrag beschäftige ich mich mit den mediterranen Reisezielen Byblos und Batroun. Meinen letzten Post zu Beirut könnt ihr hier nachlesen. Los gehts!
Übersicht:
Reiseziel Byblos: Ursprung des Alphabets
Unsere Taxifahrt nach Byblos dauert eine Stunde, genügend Zeit, den Verkehr zu beobachten. Als ich im Libanon ankam, machten mir die Libanesen etwas Angst vor dem Fahrverhalten ihrer Landsleute, die angeblich völlig chaotisch fahren sollen. Diese Ansicht kann ich nicht bestätigen. Gut, manchmal wird man von einem Cabrio überholt, in dem das abgebrochene Schiebedach zerbrochen auf der Rückbank liegt, doch abgesehen von der Innenausstattung sind die Leute sehr vorbildlich im Umgang mit ihren Autos. Wenn sie denn überhaupt mal fahren. Die meisten Libanesen sah ich eigentlich immer nur im Auto rumsitzen. Genug davon, wir sind da!
Byblos duftet nach Blumen und Zitronen. Die einen wachsen in den Mauerritzen, die anderen werden gerade in kalten Getränken serviert. Aus unserem Zitadellenzimmer, in dem wir wie Burgherren hausen, aber glücklicherweise nur wie Stalljungen zahlen, können wir auf ein tiefer liegendes Nachbardach steigen und das Meer sehen.



Wir befinden uns hier an einem historischen Ort, einen der ältesten bewohnten Siedlungen der Erde, an dem auch das Alphabet „erfunden“ wurde. Hier segelten einst Galeeren mit Zedernholz nach Ägypten und sorgten so für einen wirtschaftlichen Aufschwung der Stadt. Später waren es dann die Griechen, Römer, Kreuzritter und wie sie alle heißen, die hier die immer noch gut erhaltenen Befestigungsanlagen errichteten und deren beeindruckenden Ausmaße wir heute also bestaunen.



Was uns immer wieder im Libanon auffiel, ist wie sorglos wir uns durch die alten Ruinen bewegen dürfen. Wie in einem Spieleparadies kann man über Mauern klettern, alte Säulen anfassen und, vorausgesetzt man hat anders als ich genug Muskelkraft, alte Waggons auf den rostigen Schienen umherschieben. Einer der vielen Guides (hauptsächlich Hauskatzen) folgt uns treu auf Schritt und Tritt über das weite, grüne Gelände.




Zurück im alten Souk (Markt) laufen wir zwangsläufig immer auf denselben Straßen vorbei an Touri-Läden, Restaurants, Kirchen und Moscheen bis zum Hafen, der heutzutage nur noch kleine Ausflugs- und Fischerboote beherbergt. Nicht weit entfernt finden wir auch einen Strand, der sich zwar gut zum Sonnen, jedoch weniger zum Baden eignet. Ihr seht schon: Byblos ist ein Ort für harte Socken. Mir jedenfalls war das Wasser zu kalt.




Versteckt, aber sehr interessant war noch das armenische Genozidmuseum, empfohlen von unserem Gastgeber. Zwar musste bei unserem Erscheinen extra der Strom angestellt werden, doch dass wir die einzigen Besucher waren, würde ich weniger der Qualität des Museums als der generell geringen Zahl an Touristen in dem Ort ausmachen. Auch wenn uns Laien manchmal etwas die Hintergrundinformationen fehlten, lernten wir einiges über diesen grausamen Genozid. Zum Beispiel, dass viele verjagte Armenier im Libanon Boden für eine neue Heimat fanden und bis heute hier leben.



Am Abend wurde es noch einmal ruhiger in Byblos. Viele Tagestouristen waren schon wieder zurück in Beirut und die Bewohner räumten langsam ihre vielen Magneten, T-Shirts, Gemälde und Spaßartikel rein. Auf jeden Speisenden kamen drei Kellner, die, vielleicht um sich zu beweisen, besonders spendabel mit den Portionen waren. Wir versuchten erst das Personal mit unseren leeren Mägen zu beschäftigen, mussten letztlich aber vor den Desserts desertieren. Wir bestellten zwei und bekamen sieben. Aus Angst, nicht mehr durch die Zitadellentür zu passen, flüchteten, besser torkelten wir also beschämten Blickes aus dem Restaurant und legten uns in unsere ächzenden Betten.



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Reiseziel Batroun: Hafenidylle Libanons
Hat man bei Byblos noch eine neuere Großstadt im Stauraum, ist Batroun wirklich klein und idyllisch. Die Welt scheint hier in Ordnung. Direkt an der „Amalfi-Küste“ Libanons gelegen, besteht der Ort aus einer Aneinanderreihung Filmset-reifer Gassen und Plätze. Alles ist irgendwie kleiner, als man es in anderen Städten vorfindet. Angefangen bei dem Hafen mit seinen zwei Leuchttürmen, die eher wie Spaßprodukte als wie ernst zu nehmende Navigatoren für Frachtschiffe wirken.
Diese Vorliebe für Niedlichkeit hat die Stadt wahrscheinlich von den Phöniziern geerbt. Diese errichteten vor vielen Tausenden Jahren eine Mauer, die heute aussieht, als hätte ein Fünfjähriger eine Kleckerburg gebaut. „Fein gemacht! Oh, jetzt kommt die Welle…wuusch“. Nur, dass diese hier die Zeit überdauert hat. Und wie erreicht man in einer pittoresken Stadt wie dieser die Mauer? Na klar! Über eine Regenbogentreppe und eine kitschig wackelnde Holzbrücke. Zu allem Überfluss spielt bei Abenddämmerung eine Gruppe Studenten von einer Trommel begleitet Musik, nur um wenig später vom stillen Orchester der Sterne abgelöst zu werden. Das Leben kann so schön sein.






Wendet man sich von dem Hafen ab, schaut man auf eine zimtbraun schimmernde Kathedrale. Dahinter finden wir Peters Falafel Snack. Peter in seinem weißen Laden ist ein ebenso weißer Mann mit weißen Haaren, weißem Kittel, aber strengschwarzer Brille. Und Peter frittiert nur Falafel, wenn er wirklich Lust hat. Dabei sind wir seine einzigen Kunden. Doch manchmal ist Peter einfach nicht danach Kichererbsenpampe in heißes Öl zu werfen und ich kann ihn da trotz allen Hungers gut verstehen. Es soll ja auch noch andere schöne Sachen im Leben geben. Heute zum Beispiel streicht er seinen Laden neu. Verwundert wegen der blauen Farbe schaue ich ihn an, doch sein gelangweilt-abweisender Blick deutet mir, dass er lediglich den fast unsichtbaren Türrahmen streicht. Der Rest bleibt weiß.
Das auf dem nächsten Bild ist übrigens nicht Peter, sondern eine kleine Bude, in der jeden Morgen Manousch (Fladenteig) zubereitet wird. Man beachte die aufgrund der hohen Inflation überklebten Preisschilder. Von Peter ein Foto zu machen, habe ich mich nicht getraut.


Nicht nur Peter werkelt an dem Aussehen seines Ladens, das verrät ein kurzer Gang durch den alten Souk. Im Sommer soll der Ort nämlich nicht mehr ganz so ruhig sein. Die einzige kleine Touristenansammlung findet man heute lediglich an der „Lady of the Sea“ Kirche, an der wir unter golden schimmernden Steinbögen der Sonne dabei zusehen können, wie sie hinter den alten Mauern im levantinischen Meer versinkt.


Auf dem Platz der libanesischen Diaspora, der neulich herausgeputzt und nun romantisch von Laternen beleuchtet ist, stehen die Besucher wie Komparsen eines Dolce Vita Films an einer Eckpflanze und rauchen vor sich hin. Tatsächlich wehklagen auch noch italienische Cantautore aus den Lautsprechern der Pizzeria. Laut verwunderlichem Hinweisschild soll jenes das Haus der mexikanischen Diaspora sein. Ganz kurz, als das Licht durch einen Stromausfall ausgeht und ich mich in einem Vorstadt-Gangsterbanden-Film aus Mexiko-City fühle, möchte ich das glauben, doch wenig später ist alles wieder idyllisch wie vorher. Kleiner Spaß und viel Liebe nach Mexiko 🙂 Hier lernen wir Abdo, einen Kellner aus Syrien kennen, der uns für den nächsten Tag sein kleines gelbes Moped ausleiht.





Mit diesem alten Gelöt erkunden wir am nächsten Tag den Küstenstreifen. Zwar sind die Reifen komplett platt, doch das ist kein Problem, schließlich sind wir laut Tacho stets mit 0 KMH unterwegs. Wir rauschen vorbei an üppig-grünen Wiesen, an Olivenhainen, Zitrusbäumen, Kaktusfarmen, rechts die Berge, links das Mittelmeer. Herrlich! Vom „Our Lady of Noorieh“ Kloster haben wir eine fabelhafte Aussicht bis ins nördliche Tripoli.





Mit dem gelben Blitz rollen wir dann etwas bergab, als sich uns auf der anderen Seite plötzlich ein großer Stausee auftut. Kurz darauf sind wir wieder auf einer Ebene mit den kleinen Häfen und fahren durch den Hamat Tunnel zurück ins entspannte Batroun. Dort steht Peter nichtstuend in seiner Falafel-Klinik und gibt uns mit einem scharfen „Nein“ zu verstehen, dass er heute einfach nur hier herumvegetiert, aber keine Falafel frittiert. Ach Peter.





4 Comments
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wolkenbeobachterin
deine fotos sind wirklich großartig. du hast ein gutes gespür für alles, was für großartige fotos notwendig ist. es ist wirklich eine große freude, diese fotos anzuschauen.
Andre
Liebe Wolkenbeobachterin, vielen Dank für das Lob, das ermutigt mich! Es werden noch viele weitere folgen! Liebe Grüße aus Yaoundé