Die Wolken des Kilimandscharos
Die Wolken des Kilimandscharos sind sehr, sehr dick und sie wollen sich einfach nicht von dem größten freistehenden Berg der Erde trennen. Nach einer neunstündigen Busfahrt war ich in Moshi, der Stadt am Fuß des „Kilis“ angekommen.
Als mein Taxifahrer mich an meiner Unterkunft austeigen ließ, warf ich mich erstmal aufs Bett. Ich konnte mich noch gerade so dazu überwinden etwas essen zu gehen und habe dabei einen Arzt kennen gelernt, der seine Ausbildung in Leipzig, Deutschland gemacht hat. Allerdings schon bevor ich geboren wurde, nämlich von 1988-1994. Er konnte mir einige Tipps über den Ort geben, auch wenn es über Moshi an sich nicht viel zu sagen gibt. Wieder in der Unterkunft angekommen, fläzte ich mich wieder ins Bettchen.
Heute Morgen machte ich mich dann auf, um die Stadt zu erkunden. Moshi gehört zu einer der jüngsten Städte in Tansania. Ursprünglich hat man gar nicht geplant hier eine Siedlung zu errichten, denn die Eisenbahnlinie, die im heutigen Moshi endet, sollte bis in das am Berg gelegene Moshi verlaufen. Da es nicht möglich war, die Schienen den Berg hochzubauen, wurde ganz einfach ein neues Moshi am Fuß des Berges gegründet (Quelle: Jörg Gabriels Tansania Reiseführer). Der Eisenbahnplaner hat sich bestimmt auch gedacht: „Der Auftrag ist es eine Eisenbahnlinie nach Moshi zu bauen…hmmm, na wir gründen einfach einen neuen Ort namens Moshi und dann passt das.“
Gleich auf dem Weg in die Stadt sprach mich eine ältere Frau an und wir kamen in ein längeres Gespräch, während wir in Richtung Innenstadt liefen. Sie sagte gleich am Anfang, dass sie gerade zur Kirche geht, dass sie katholisch ist und dass sie den Glauben schon gewechselt hat. Sie fragte mich letztendlich, an wen ich glaube. Ich antworte: „An nichts“. Die Antwort „An mich selbst“ sparte ich mir lieber. Sie fragte darauf hin scherzhaft, ob ich an Bäume glaube, oder woran denn nun. Dass ich wirklich keinem Glauben angehöre, lässt sich besser damit erklären, dass das normal in vielen Teilen Deutschlands ist.
Als wir vor der Kirche standen, wollte ich mich eigentlich verabschieden und mich für das doch sehr nette Gespräch bedanken, doch sie lud mich in die Kirche ein und so sagte ich, aufgrund der letzten guten Erfahrung in der lutheranischen Kirche in Morogoro, zu. Leider war ich heute in eine römisch-katholische Kirche geraten und es war, bei allem Respekt, zum Sterben langweilig und teilweise echt ätzend. Selbst meine Begleiterin gestand mir, dass sie es manchmal sehr langweilig und ermüdend findet. Nachdem ich 20 Mal aufgestanden bin, das immer gleiche Lied gehört habe und mich wieder hingekniet habe, um einem Gebrabbel zu lauschen, entschuldigte ich mich damit, dass ich noch mehr von der Stadt sehen will und verließ die Kirche. Die Erfahrung heute war das komplette Gegenteil von letztem Mal und zwar aus einem einfachen Grund.
Es war das komplette Gegenteil! Hier traf sich keine kleine Gemeinschaft, um zu singen, zu tanzen, zu lachen und zu reden, sondern hier versammelten sich bestimmt über 1000 Leute. Niemand kannte den anderen und es wurde sich nicht unterhalten, sich nicht am Anfang gegrüßt und wie gesagt, immer der immer Selbe Lied-Teil runtergeleiert. Ich kann hier nicht erkennen, wie so eine starke Gemeinschaft entstehen soll. Sogar als Atheist saß ich gerne in der Sonntagsmesse in Morogoro, weil sie unterhaltsam, kreativ, persönlich, attraktiv, lebhaft, lustig und kreativ war. Heute wurde ich allein schon wieder aufgrund der gähnenden Langeweile zum Atheisten für immer bekehrt. Ich schreibe hier allerdings nur für mich. Wenn jemand von einer anderen Meinung überzeugt ist respektiere ich das so sehr, wie ich die Leute in der Kirche respektiert habe, allerdings bin ich nun einmal anderer Meinung und mir steht es frei eine Veranstaltung zu verlassen, zumal mir auch schon am Anfang angeboten wurde, dass ich Bescheid sagen soll, wenn ich müde bin, denn dann kann ich gehen. Scheinbar bin ich nicht der Einzige, dem es so geht.
Als ich die Kirche verlassen habe, schaute ich mich weiter in Moshi um und betrat das erste Mal einen Supermarkt in Afrika. Gut besucht war er nicht, da viele Produkte um einiges teurer als auf der Straße sind, aber ich hatte eben Lust auf ein Eis. Moshi ist ziemlich touristisch ausgeprägt und auch wenn jetzt gerade die Nebensaison ist, merkt man diese Ausprägung doch sehr deutlich. Ständig werde ich angequatscht und es wird versucht mich von diesem oder jenem zu überzeugen. Mir gelingt es alle Leute abzuwinken, doch als ich nicht mehr damit gerechnet habe, sprach mich jemand über das Thema HIV und Abtreibung an.
Wir liefen durch die Straßen und der Mann behauptete, er sei von einer Organisation, die Aufklärung betreibt. Er hatte viel Ahnung und ich erhielt tatsächlich interessante Informationen. Er gab mir seine Kontaktdaten und nach einiger Zeit fragte er auch um ein bisschen Geld. Nach 35€. Ich dachte ich hör nicht richtig. Dieser Mann hat zwar viel Aufwand in mich gesteckt, aber 35€? Niemals. Blöd wie ich bin gab ich ihm 6€, ohne mich zu 100% davon zu vergewissern, dass das Geld auch wirklich bei seiner Organisation landet. Kurz danach war ich so wütend auf mich selbst und die Tatsache, dass ich wahrscheinlich wieder auf einen einfachen Trick reingefallen bin, aber immerhin konnte mich mein Vermieter ein bisschen trösten. Er meinte, selbst wenn das Geld nicht bei der Organisation landet, hast du damit vielleicht seiner Familie geholfen. Vielleicht. Komplett komme ich darüber nicht hinweg.
Eine Sache ist mir in Moshi noch aufgefallen: Jeder Wegweiser, sei es zu Schulen oder Kirchen, die Uhren in Mitten von Kreisverkehren, und die Namenschilder von Läden, sind alle gesponsort von Coca Cola. Ich fragte nach, wie das zustande kommt und tatsächlich wurde mein Gedanke bestätigt, dass das Brauseunternehmen hier ordentlich Werbung macht und zum Beispiel alles Geld für die Instandhaltung des Gartens innerhalb des Kreisverkehrs übernimmt, um auf sich aufmerksam zu machen. Tatsächlich findet man überall Zeichen, die auf einen erbitterten Wettkampf zwischen Coca Cola und Pepsi hinweisen. McDonalds, Starbucks und KFC haben es glücklicherweise bisher nur in die Großstadt Dar es Salaam geschafft.
Als ich begonnen habe den Blogeintrag zu schreiben, habe ich den Kilimandscharo noch nicht einmal richtig gesehen, da er sich immer, so schüchtern wie er ist, hinter einer Wolkenwand versteckt. Bei so vielen Blicken die er erhascht, würde ich mich auch nicht ohne weiteres nackig machen. Doch nachdem ich den ersten Absatz geschrieben hatte, ging ich nochmal raus und ließ mich zu einer Stelle mitnehmen, von der man den „Kili“ gut sehen kann. Ich hatte nämlich 15 Minuten auf eine Stelle des Bergmassivs geguckt, die leider nicht den höchsten Punkt darstellt und so hat mir jemand angeboten, mich zu einer besseren Stelle zu fahren.
Beeindruckend wirkt er schon, allerdings ist er echt weit weg und nicht komplett zu sehen, auch wenn sich jeden Morgen und jeden Abend kurzzeitig die Wolken von dem fast 6000 Meter hohen Koloss lösen. Da ich aufgrund des Preises keine Tour zum Kilimandscharo mache, werde ich ihn wohl erst später in meinem Leben so richtig in HD sehen können.
Weil ich mich während meiner Zeit in Tansania fast ausschließlich von dem Essen der Einheimischen ernährt habe, kann ich mir allerdings doch eine 2 tägige Safari zu einem wirklich guten Preis leisten. Morgen werde ich schon in die Nähe des Nationalparks fahren und übermorgen noch vor dem Sonnenaufgang wird es losgehen! Ich werde den „Tarangire NP“ und den „Ngorongoro Nationalpark“ besuchen. Beide strotzen nur so vor großen Säugetieren. Ich bin also sehr gespannt und freue mich unheimlich auf dieses Abenteuer, dass ich also doch erleben darf! Ich hoffe, dass in meiner kleinen Gruppe ein Hobbyfotograf dabei sein wird, den ich danach dazu überreden kann, mir seine Bilder zu senden. Um das zu ermöglichen, öffne ich auch die ersten beiden Knöpfe meines Hemdes…
André, 10.03.2017 – Moshi

