Tansania

Die Hauptstadt ruft!

Um 7:40 klingelt mein Wecker. Ich fühle mich um meine Semesterferien betrogen. Wenig später wünsche ich mir, ich wäre eher aufgestanden. Wir haben den 06.März und heute besteige ich einen Berg des Uluguru-Gebirges. Schon während der Busfahrt an den Fuß der Berge beeindrucken mich die Berge. Sie sehen ein bisschen aus, wie die im Sommer grünen Berge der Alpen. Aber nur von weitem.

Natürlich wurde mir ein Guide zur Seite gestellt, der mich auf die Anhöhen dieser Erdwölbungen begleiten soll. Anstatt direkt an den Fuß der Berge zu fahren, laufen wir von der Busstation mehr als einen Kilometer eine Asphaltstraße entlang. Mir ist jetzt schon heiß. Nach einer guten Weile kommen wir endlich an der Stelle an, an der die Asphaltstraße zu einer Erdstraße wird und der Weg anfängt bergauf zu gehen.

Mein Guide kann leider kaum Englisch und so schweigen wir die meiste Zeit. Immer wenn ich ihn etwas frage lautet die Antwort: „Ja“. Entweder ich liege immer richtig mit meinen Aussagen, oder er versteht meine Fragen nicht. Ich überlege, ob ich ihn frage, ob er auch glaubt, dass ein gut durchgekochtes Spaghetti Monster unser Universum kontrolliert – nur um zu sehen, ob er jedes Mal mit „Ja“ antwortet. Doch ich komme nicht dazu, denn ich bin ausschließlich damit beschäftigt, meinem Guide hinterher zu hecheln. Dieser sprintet schon fast die Berge hoch, während ich um eine Trinkpause nach der nächsten bitte. Zum Glück antwortet er immer mit „Ja“.

Der Guide hat für diesen Trip nicht mal eine Trinkflasche mitgenommen und so biete ich ihm an, aus meiner zweiten Flasche zu trinken. Ich frage mich, was er gemacht hätte, wenn ich weniger Wasser mitgenommen hätte. Wir befinden uns anscheinend in der Saisonvorbereitung für die Extremsportler dieser Berge – anders kann ich mir diesen Laktattest, der heute an mir durchgeführt wird nicht herleiten. Ich bin ja nicht unsportlich, aber der gute Mann ist mir um einiges voraus.

Glücklicherweise werden wir mit einer herrlichen Aussicht belohnt. Neben uns haben sich Wolken in den Dächern dieser Berge verfangen. Man kann hier schon sehr deutlich sehen, dass es heute Abend wieder regnen wird. Unser Ziel ist allerdings ein Wasserfall, der aus einer Quelle oben in den Bergen entspringt und sich dann den Weg runter ins Tal sucht. Ich habe meine Guide oft gefragt, ob wir schon in der Nähe von unserem Ziel sind. Seine Antwort war wie immer dieselbe, auch wenn wir noch ein gutes Stück vor uns hatten.

Doch es hat sich gelohnt. Wir sind am Wasserfall angekommen und halten uns dort für eine lange Zeit auf. Wir baden und tanken Energie für den Weg runter ins Tal. Der Wasserfall ist wunderschön und der Ort von niemandem sonst besucht. Nach einer guten Viertelstunde füllen wir unsere Flaschen auf und machen uns auf den Rückweg.

Wie schon auf dem Hinweg fallen mir die Menschen auf, die hier, in den Bergen leben. Sie ernähren sich anscheinend ausschließlich von den Sachen die hier wachsen – also von Bananen, Avocados, weiteren Früchten, Tomaten, Reis und so weiter. Aus meinem Reiseführer weiß ich, dass die ursprünglichen Siedler von Morogoro, die „Luguru“ heute zurückgezogen in den Bergen leben, sofern sie sich nicht mit anderen Ethnien vermischt haben. Das Leben hier ist komplett  anders, als unseres. Grundlegend geht es darum, sein Überleben zu sichern. Die Kinder besuchen die Schule, allerdings weiß ich nicht, ob es diese, wenn sie erwachsen sind in den Bergen hält oder in die größeren Städte zieht. Vorstellen hier zu leben, kann ich mir nicht.

Man merkt, dass viele der Kinder hier noch nie wirklich einen weißen gesehen haben und so blicke ich häufig in kullerrunde neugierige braune Augen. Manchen Kindern sehen mich skeptisch an, manche winken mir oder rufen mir etwas hinterher. Andere machen irgendwelche Faxen um meine Aufmerksamkeit zu erhaschen. Fast schon klischeehaft nehme ich wahr, wie Schüler in der Pause mit einer Plastikflasche Fußball spielen, weil sie keinen Ball haben. 10 Meter entfernt sehe ich einen Jungen, der alleine mit einem Ball spielt.

Der Weg zurück ist wesentlich leichter, als der Hinweg, da die Sonne auch nicht mehr so stark scheint wie vorher. Allerdings laufen wir wieder die jetzt noch länger gewordene Asphaltstraße, bis hin zum Busbahnhof entlang. Normalerweise muss man hier nicht lange auf einen Bus warten, doch gerade jetzt, wo ich total erschöpft bin und einfach nur nach Hause will, stehen wir eine Viertelstunde und warten in dem Chaos des Busbahnhofs, auf den Bus. Eingestiegen in den Bus wird es nicht besser, denn in diesem kleinen Gefährt finden heute über 25 Leute Platz. Ich arrangiere mich mit fremden Knöcheln im Rücken und schwitzigen Ärschen im Gesicht.

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Zuhause angekommen will ich einfach nur schlafen und das setze ich dann auch recht zielstrebig in die Tat um. Da sind sie, meine Semesterferien. Abends verabrede ich mich mit meinem Freund Johnson, oder auch kurz „John“. Aufgrund seiner Gastfreundlichkeit will ich ihn als Dankeschön zum Essen einladen. Auf dem Weg dorthin fängt es, wie prognostiziert, an zu regnen. Da ich heute nichts nach dem Frühstück gegessen habe, macht mein Magen ordentlich Radau. Trotzdem warten wir, bis es aufhört zu regnen. Das erste Restaurant, an dem wir ankommen ist geschlossen. Im zweiten Restaurant, das zum Glück geöffnet hat,  müssen wir 40 Minuten auf unser Essen warten – normal hier in Tansania.

In der Zwischenzeit bringe meinem Kumpel die „Berliner“-Anstoßart bei. „Unten unten, oben oben, unten, oben, einmal rum um den Kopf – Cheers!“ Komischerweise schaffe ich es nicht, dass Essen aufzuessen, obwohl ich heute fast nichts gegessen habe. John, der mit seinen 20 Jahren in einer Bank am Schalter arbeitet, bedankt sich für das Essen und bringt mich noch nach Hause. Jetzt ist es Zeit „Auf Wiedersehen“ zu sagen. Morgen geht es nach Dodoma – in die Hauptstadt der Republik!

Nachdem es mir gestern nicht so gut ging, wohl aufgrund der langen Zeit, die ich in der Sonne war, geht es mir heute besser. Ich checke aus meiner Unterkunft aus und verlasse Morogoro in Richtung Westen. Morogoro hat mich sehr positiv überrascht und ist bisher das Highlight auf meiner Reise gewesen.

Die Busfahrt nach Dodoma dauerte länger als gedacht und war von vielen Huckeln übersät. Das nächste Mal sollte ich mich nicht ganz hinten in den Bus setzen. Ich komme gegen vier Uhr nachmittags in Dodoma an und fahre zu dem Treffpunkt, den mein neuer Host mit mir vereinbart hat. Ich esse ein bisschen was und treffe kurz darauf die Niederländerin Afra, die für sechs Monate in einem Krankenhaus in Tansania arbeitet.

Sie versichert mir gleich, dass es in Dodoma nicht viel zu sehen gibt, also werde ich tatsächlich nur für 2 Nächte hier bleiben. Wir sind gegen Abend was essen gegangen und ich habe vieles über die Situation in Tansania, was Essensversorgung oder Gehälter angeht in Erfahrung bringen können. Dazu später mehr. Viel passiert ist heute nicht, aber morgen werde ich mir die Planhauptstadt, in die die Regierung schon ziemlich bald einziehen wird, anschauen.

Bis dahin,

André, 07.03.2017 – Dodoma

 

Wohinnoch? ist ein Reiseblog, in dem wir mit ausgiebig Zeit die weniger beachteten Orte dieser Welt besuchen.

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