Prost, Salud, Skål
Jetzt kurz die Augen schließen. Nur wenige Sekunden. Das tut so gut. Noch ein klein wenig länger. Halt! Augen auf! Ich darf jetzt nicht einschlafen! Aber für wenige Sekunden kann es ja nicht schaden. Stopp! Meine Augen müssen offenbleiben! Die Schule hat wieder angefangen. Der Alltag kehrt wieder ein, was zur Folge hat, dass ich wieder viel zu früh aufstehen muss. Und nun kämpfe ich wieder gegen meinen alten Feind: die Müdigkeit. Ich muss aufpassen, nicht ins Reich der Träume abzudriften, von den Ferien und dem, wie ich sie verbracht habe, zu träumen.
Dabei war es mir selbst bis wenige Tage vor Silvester gar nicht klar, wie ich den Abend überhaupt verbringen würde. Meine Gastfamilie hatte mir eingebläut, Weihnachten sei das Fest für die Familie und Silvester feiere man mit seinen Freunden. Das stellte mich vor das kleine Problem, dass meine Freunde entweder verreist waren oder eben doch mit ihren Familien feierten. Zum Glück erhielt ich noch eine Einladung einer Mitarbeiterin von AFS. Ihr Sohn war vor einigen Jahren in Norwegen gewesen und es waren internationale Gäste geladen, da ist ein Deutscher lediglich eine unbedeutende Ergänzung gewesen.
Weihnachten hatte ich noch über das Wetter geschimpft und mich über die Wärme geärgert, jetzt muss ich gestehen, störte mich ein warmer Abend nicht mehr. Und noch weniger störte es mich, als ich den Haufen Steaks sah, der neben dem Grill vorbereitet stand. Ergänzt wurde das Ambiente durch eine durchaus interessante Diskussion über die Unterschiede des mexikanischen und argentinischen Spanischs, bei dem ein Argentinier vehement für seine Art zu sprechen stritt.
Der auffallendste Unterschied ist wohl die Aussprache. Während im mexikanischen Spanisch „Yo me llamo…“ mehr oder weniger „Jo me ljamo…“ ausgesprochen wird, klingt es im argentinischen Spanisch eher wie „Scho me schamo…“, da sowohl das y als auch ll wie sch gesprochen werden. Ergänzt wird dies durch eine schon fast italienisch klingende Sprachmelodie, was im Gesamtpaket das Verständnis für mich doch stark erschwert hat.
Gegen elf Uhr begannen wir dann den Festschmaus, der erst kurz vor Mitternacht endete. Uns Ausländern, es war außerdem noch eine Norwegerin zu Besuch, wurde dann die erste Silvestertradition erklärt. Jeder bekam zwölf Weintrauben, und bei jedem der zwölf Schläge der Uhr war eine zu essen. Natürlich hat es niemand geschafft, die dazu noch relativ großen Trauben in nur zwölf Sekunden runter zu zwingen. Nachdem dann mit alkoholfreiem Apfelzeugs auf drei Sprachen, nämlich auf Deutsch, Spanisch und Norwegisch, angestoßen worden war sollte man sich einen Koffer schnappen und damit rausgehen. Die Idee dahinter verstand ich nicht ganz, da doch eine gewisse Hektik herrschte, da sich die ersten beeilten aufs Dach zu gelangen, um von dort aus das Feuerwerk sehen zu können. Es hatte aber etwas mit Reisen im neuen Jahr zu tun. Glaube ich.
Das Feuerwerk war nicht besonders spektakulär, nach weniger als 15 Minuten war es in der ganzen Stadt auch größtenteils wieder vorbei. Beeindruckender fand ich persönlich auch eher die Palmen, die man von oben sehen konnte. Das oberste Dach des Hauses der Gastgeber lag mehrere Meter höher als die meisten Dächer in der Umgebung, weshalb es uns möglich war, fast ganz Mérida zu überblicken. Anschließend verlagerte sich die Feier nach draußen in den Vorgarten, wo innerhalb der nächsten Stunden mehr als 50 feierwütige Mexikaner auftauchten und das neue Jahr feierten.
Zum Neujahrsessen waren wir bei der Schwester meiner Gastmutter und ihrem deutschen Ehemann eingeladen, weshalb ich das Jahr bestmöglich begann. Mit einer Ente, Rotkohl und Klößen. Lecker! Diese Art von Essen hatte ich in der letzten Zeit tatsächlich vermisst.
In den Tagen danach fiel die Temperatur gerade morgens deutlich ab, endlich war und ist es teilweise angenehm kühl, wobei ich diese Meinung wohl relativ exklusiv hier habe. Bereits Ende des letzten Jahres hatte ich folgendes erlebt. Offensichtlich war es so kalt, dass eine junge mexikanische Mutter, die ihren Sohn gerade zur Schule fuhr, Mitleid mit dem bei eisigen Temperaturen auf der Straße laufenden Jungen bekam und anhielt um mich zu fragen, ob sie mich denn irgendwohin mitnehmen könne, schließlich sei es unerträglich kalt. Vollkommen perplex lehnte ich natürlich ab und sogar mehr als drei Woche später wundere ich mich noch über diese Situation, obwohl ich gestehen muss, dass es ein nettes Angebot war.
Damit schließe ich meinen Beitrag für heute wieder. Ich wünsche allen Lesern ein frohes neues und gesundes Jahr! Viele Grüße aus Mérida!


One Comment
Ursula Mestern
Endlich komme ich dazu deinen Sylvesterbericht zu lesen. Zum Thema Argentinier. Sind in Mexiko nicht so sehr beliebt und sind auch wirklich häufig so, dass sie sich als ganz besonders ansehen. Aber so hat jedes Land seine Eigenarten. Bei den Argentinier