Über das Amber Fort und Skaterparks
Die Zugfahrt nach Jaipur soll vorerst unsere Letzte sein. Satte 7,5 Stunden Plus hat unser Zug Verspätung. Am Bahnhof entscheiden wir uns dann dafür einen anderen Zug zu nehmen und uns in die nichtklimatisierte Schlafklasse zu begeben. Vor allem ich bin total müde und erschöpft. Doch fangen wir lieber direkt in der Hauptstadt Rajasthans – Jaipur an.
Nach ausgiebigem Schlaf nehmen wir uns am ersten Tag in Jaipur vor, das Amber Fort zu besuchen. Schließlich bildet dieses eines der Weltwunder im Computerspiel „Civilization“, welches mir immer wieder als geheimer Reiseführer dient. Das Amber Fort soll das Schönste in ganz Rajasthan sein, doch das werden wir wohl nie beurteilen können.
Bevor wir aber dieses Prachtstück zu sehen bekommen, fährt man ein Stückchen raus aus Jaipur. Heute sitzen wir im Taxi mit zwei sehr sehr lustigen Taxifahrern, die uns weniger mit dem Standardtalk „Where are you from?“, „Whats your name?“ und „How are you?“ zutexten, sondern eher wie gute Buddies daherkommen. Wir fahren hinein in den Kessel. Berg an Berg türmt sich hier und formt am Ende fast exakt einen großen Kessel in deren Mitte das Amber Fort steht.
Diese Befestigungsanlage (mein neues Lieblingswort) ist tatsächlich einmalig, denn sowas hat man noch nicht gesehen. Sie fängt unten im Tal an der Hauptstraße an und wurde den Berg hochgebaut. Je höher man ist, desto edler werden die Räume. Den Höhepunkt bildet dann der kleine Spiegelraum, den man auf den Bildern unten sehen kann.
Uns überrascht, dass es keine Absperrungen gibt und man eigentlich überall hingehen kann, wo man will. Theoretisch kann man sich nämlich mehr als einen Tag in diesem verwinkelten Komplex aufhalten. Doch nach dem dritten engen Gang, der in einem beliebigen alten Raum führt, muss man nicht auch noch den vierten Gang dieser Sorte sehen. Manch einer nahm sich den Vorschlag, länger als einen Tag in diesem Gebäude zu verweilen, aber zu sehr zu Herzen, denn es sollen sich schon einige in dem unterirdischen Fluchtsystem verlaufen und nie mehr zurückgefunden haben. Seitdem ist dieser abgesperrt und keiner weiß, wer oder was im Untergrund der Stadt lauert.
Hin und wieder fragen uns Inder nach Selfies, die wir geübte Stars natürlich in drei Sekunden abhandeln. Mittlerweile haben wir uns auch Kekse gekauft, die wir bettelnden Kindern geben können. Doch irgendwann passiert doch noch etwas Unerwartetes auf das wir nicht vorbereitet waren. Vorsichtig gesagt: Eine Dame…also auf dem ersten Blick. Die bassige und tief sonore Stimme macht uns skeptisch…auch die etwas männlichen Bewegungen. Sie/Er/Es schmiegt sich sofort an uns heran – bittet um Selfies und eine gemeinsame Nacht. Begleitet wird das Ganze von lümmelhaften Pfiffen der jugendlichen Begleiter, die im Hintergrund stehen. Einer kommt zu Lucas, fasst ihm ein bisschen an die Brust und gibt schließlich zu, dass auch er nicht ganz abgeneigt wäre.
Froh, der Massenorgie doch noch knapp entkommen zu sein, begeben wir uns in Richtung der Mauer. Das Fort und die neben dem Fort liegende Stadt werden nämlich nicht nur von der besagten Bergkette, sondern auch von einer darauf erbauten Mauer geschützt. Zwar ist der Weg bis dahin steinig (liegt wohl an dem Baumaterial der Mauer) und steil, jedoch werden wir auch von einem gewaltigen Ausblick belohnt. Man weiß tatsächlich nicht, wo man zuerst hinschauen soll. Während man auf der einen Seite von dem wunderschönen, weiten Ausblick auf die Ebene neben Jaipur verwöhnt wird, kann man genauso gut auf die sich auf dem Berg entlangschlängelnde Mauer blicken. Fast schon ganz nebenbei geht dabei die Sonne hinter den Bergen, an denen das Amber Fort gebaut wurde, unter.
Es ist einer dieser magischen Momente, die es nicht so oft auf Reisen gibt. Nachdem die Sonne untergegangen ist, begeben wir uns auf den Rückweg Richtung Taxi. Wir passieren noch einen Wasserpalast und verbringen den restlichen Abend zusammen mit den beiden Taxifahrern, einer Kolumbianerin und einem Japaner auf einem Dachrestaurant. Nach zwei Bier müssen wir aber die beiden Taxifahrer enttäuschen, da wir doch nicht den Biersaufenden Deutschen entsprechen und lieber schlafen gehen wollen.
Schließlich bietet der nächste Tag auch so Einiges. Wir besuchen den jetzigen Stadtpalast, in den die Königsfamilie umgezogen ist, nachdem sie den Wohnsitz im Amber Fort aufgegeben hatte. Während die sengende Hitze auf uns einprasselt und vor allem meine Kopfhaut langsam wegrennt (nach dem Motto: Du kannst gehn´, aber deine Kopfhaut bleibt hier), sehen wir uns eine ehemalige Sternwarte an. Sie liegt gleich neben dem Stadtpalast und sieht aus wie ein riesiger Skaterpark. Halfpipe über Halfpipe diente damals zur genauen Messung der Sterne – jedenfalls hat man es versucht. Zu jener Zeit war man nämlich der Meinung, dass größere Messinstrumente auch zu genaueren Ergebnissen führen. Über den Irrtum amüsiert sich vor allem der Physiker Lucas. Er als Ex….PERTE ist sich dieses trivialen Fauxpas natürlich sofort bewusst.
Wir essen noch eben Mittag mit einer Argentinierin, die wir an unterschiedlichen Orten getroffen haben und gucken uns noch eben den Palast der Winde an. Ein Palast, der circa 50 Meter breit, 30 Meter hoch, aber nur 5 Meter tief ist. Einziger Baugrund war, dass der Herrscher auf das Volk sehen wollte, ohne dass dieses ihn sieht. Auf den Bildern sah dieser Palast wesentlich spektakulärer aus und wir machen uns jetzt lieber auf den Weg nach Bundi!
Blogeintrag folgt.
Liebe Grüße in die Heimat!
André


5 Comments
bigc97
Hey Andre und Lucas. Ich habe erst vor wenigen Sekunden gemerkt, dass es sogar eine Kommentarfunktion gibt. Diese nutze ich mal aus, um euch solch einen zu hinterlassen. Ich weiß ja wie sehr ihr die Likes mögt, also rastet ihr bestimmt gerade total aus. ;D
Kleine Anmerkung: ich als Experte für civ5 merke an, dass man das Amber Fort dort nicht bauen kann. Es gibt das Red Fort, ein verteidigungswunder, ab metallurgy zu bauen.
Macht euch noch einen tollen Urlaub ihr beiden.
André
Du hast total recht! Das heißt ja dann, dass wir mit dem Taj Mahal und dem roten Fort schon jedes CIV-Wunder gesehen haben! Was machen wir dann noch hier?!
Danke dir 🙂
bigc97
Das habe ich mich auch gefragt, aber wahrscheinlich weil ihr die Rückflüge blöderweise erst in 3 Wochen gebucht habt. Wenn ihr noch weitere Wunder sehen wollt, empfehle ich euch angkor wat östlich oder Petra/artemistempel/hängende Gärten westlich.
Euer lebender civ-reiseführer
Kartoffeladonis (@kart0ffeladonis)
ärzte-zitat UND känguru-anspielung? junge, du fehlst mir jetzt schon 😀 viel spaß und weiter so mit den posts
André
Ganz übersehen 😦 geht mir genauso!